4 Schritte, die von „Erziehung“ zu „Beziehung“ führen

Brauchst du noch „Erziehung“, oder lebt ihr schon?
Reagiert dein Kind trotzig? Wird es ausfällig? Schmeisst es mit Sachen oder sich auf den Boden? Brüllt es oder versucht dich zu schlagen? Dieses Verhalten ist hässlich und anstrengend und tut eurer Beziehung überhaupt nicht gut. Du bist stink wütend und dein Kind ebenfalls?! Du schreist es an oder erpresst es, nur damit es damit aufhört? Du hasst dich hinterher, für dein abartiges Verhalten?

Dann lasst uns hier und jetzt etwas dagegen unternehmen!

1. Alte Glaubenssätze ausrotten:

Fangen wir damit an, mit alten Glaubenssätzen aufzuräumen. Die gehören ab jetzt in ein Museum, da kann man sie angucken, stehen lassen und wieder nach Hause gehen. Ohne sie.

  • „Du musst ! –
  • gehorchen!
  • folgen!
  • tun was ich sage!
  • hören!
  • spuren!
  • parieren!“
  • „Kindern muss man doch mal zeigen, wer hier der Chef ist!“
  • „Wenn du dich nicht durchsetzt, tanzen die Kinder dir auf der Nase herum“
  • „man muss Kindern doch Grenzen setzen“
  • „Kinder müssen Respekt lernen!“
  • „Das macht man doch so!!“
  • „Erziehung ist wichtig“

Ich bin selbst Erzieherin, ich war voll von solchen Glaubenssätzen über sogenannte Erziehung. Erst mit meinen eigenen Kindern begreife ich langsam, wie unwürdig wir über Kinder denken. Und mit ihnen verfahren, als wären sie eine kriminelle Spezies, die es einzudämmen gälte.

Ich hab das irgendwo gelesen und klaue es jetzt ganz frech, weil es die Sache so gut auf den Punkt bringt: ersetze in diesem Zusammenhang das Wort „Kinder“ mit „Frauen“ oder mit „Farbige“, dann wird’s einem schon ganz anders!

Schmeißen wir die alten Glaubenssätze über Erziehung und über Kinder also doch lieber auf den Scheiterhaufen. Schluss damit.

2. mit neuem Blick heran gehen

Ok, ich habe dir versprochen, dass du keine Erziehung mehr brauchen wirst. Das ist hoch gegriffen, denkst du? Dafür musst du das Geheimnis kennen. Das Geheimnis „folgsamer“ Kinder.

Hier ist es: Dein Kind ist schon längst ein folgsames Kind.

Es ist so folgsam, wie es ihm überhaupt möglich ist. Wenn du es den Tag über ganz genau beobachtest, kannst du feststellen, wie oft dein Kind das tut, was du von ihm forderst, oder worum du es bittest. Wirklich. Hand drauf! Jedes Kind. Auch Deins!

Mein Sohn hat z. B. die Art immer „nö“ zu sagen, wenn ich ihn auffordere etwas zu tun oder zu lassen. Er sagt „nö“ und tut dann das, was ich von ihm wollte. Im Kopf bleibt aber oft nur dieses „Nö“ hängen. Durch die Alltags-Überbelastung des Hirns, tritt das, was kein Problem mehr darstellt, sofort in den Hintergrund und du vergisst es.

Das heißt: Mein Dreijähriger matscht mit Honigmilch auf dem Boden.
Ich sage: „wisch das bitte auf“
Er sagt: „Nö“ (das merke ich mir)
Und dann wischt er es auf. Problem beseitigt. Haken dran. Vergessen.

Er hat getan, worum ich ihn gebeten habe! Und ich habe das folgsamste Kind der Welt, aber ich merke es nicht mal!

Wir müssen uns eines ganz klar machen: Unsere Kinder sind auch nur Menschen.

Wir haben Pläne im Kopf (der Boden soll nicht kleben). Und unser kleiner Mitmensch hat ebenfalls Pläne im Kopf (mit Honigmilch kann man auf dem Boden Bilder malen, schön!)
Nur weil ich es wünsche, muss er seine Pläne zu meinen Gunsten aufgeben. Das „verlange“ ich von ihm.
Und ich setze ja noch eins drauf: Wenn er es nicht tut, dann…. ! Das nennen wir dann „Erziehung“.

Doch selbst, wenn wir uns im Ton vergreifen, sind unsere Kinder oft viel beweglicher wie wir: sie schwenken ihren Plan um, geben ihn auf, gehen Kompromisse ein und tun Dinge, die sie gar nicht tun wollen. Ganz ohne Erziehung. Nur, damit sie uns gefallen. Wir sehen es nur nicht immer. Manchmal machen Kinder einen Schlenker, um ihre Würde zu bewahren. Sie warten 4 Minuten ab, oder sie sagen blöde Sachen über dich, oder sie müssen erst noch einen Purzelbaum übers Bett machen. Vielleicht werden sie damit nur die negative Energie los, die sie in sich tragen, weil du so mit ihnen redest. Weil sie wütend auf dich sind. Und dich doch eigentlich gerne haben.
Wegen diesem Schlenker, übersehen wir dann (wutentbrannt), dass das Kind sehr wohl tut, was wir verlangt haben. Es versucht dabei eben seine Integrität zu wahren. Sein Mensch-sein.

3. Sprache reflektieren

Wie oft gibst du deine Pläne zu Gunsten anderer Menschen auf? Und wie leicht wird es dir fallen, wenn der andere Mensch so mit dir spricht: „Du ziehst heute auf keinen Fall diese Schuhe an! Haben wir uns verstanden?!“ Jeder Mensch in dieser westlichen Welt wird so darauf reagieren: Denkste. Jetzt erst recht. Dem werd ichs zeigen. Bäääh.

Und damit sind wir bei einem weiteren, sehr verbreiteten Glaubenssatz der neuen Welt: „Kinder müssen trotzig und dagegen sein. So sind Kinder halt“.

Ehrlich?

Ich bin mir sicher: Kinder müssen nicht trotzig und dagegen sein!

Natürlich gibt es diese „Autonomiephase“. Das ist die Phase, in dem einem Kind das erste Mal bewusst wird, das es handelt. Mein jüngster Sohn spielt gerade mit dieser Erkenntnis. Er ist 18 Monate alt. Er tut etwas, dass „nein“ ist (Lego vom Bruder klauen z. B.) und wartet dann sichtlich auf das Ergebnis seines Handelns. (Bruder schreit, Mama sagt „nein“ und versucht das Lego zurück zu ergattern, Aktion, yeah!) Es gefällt ihm, handlungsfähig zu sein und er mag es nicht, darin eingeschränkt zu werden. Er reagiert wütend darauf, wenn ich ihn z. B. in den Kindersitz im Auto quetsche. Aber sei doch mal ganz ehrlich: da würde jemand kommen, dich packen und in einen Sitz schnallen, aus dem du selbst nicht heraus kommst. Würdest du nicht auch gefühlsgewaltig reagieren? Bist du in der Trotzphase?
Das sind die ersten Ansätze von richtiger, echter Eigenständigkeit. Nicht umsonst kommt in dieser Phase das Wort „Ich“ das erste Mal zu Tage. „Ich bin“, hat mein mittlerer Sohn in dieser Zeit begeistert gesagt. Trotzig war er dagegen eher selten.

Das alles bedeutet nicht, dass der Junge dann eben nicht in den Sitz gequetscht werden muss. Natürlich muss er. Das ist mir sonst zu unsicher. Was ich für ihn tun kann? Ich kann ihm sagen, dass ich seine Reaktion verstehe. Ist ja auch blöd für ihn. Ganz klar.

4. Die Umgebung prägt

„Die müssen mal Respekt lernen“

Woher sollen Kinder das lernen? Weil man es ihnen lange genug einprügelt? Weil man sie bestraft oder erpresst, wenn nicht? Durch Erziehung?
Davon lernen Kinder nur: „wenn ich selbst am Drücker bin, dann werde ich auch drücken. Dann habe ich die Macht“. Mehr nicht.

Was bewirkt bei Kindern also, das sie Respekt lernen? Das sie lernen, Kompromisse zu schließen, oder ihre Pläne anzupassen? Sie können das längst. Wichtig ist viel mehr, dass sie es nicht verlernen! Sie sind weitaus besser darin wie wir selbst!
Um also andere Menschen mit Respekt zu behandeln, müssen Kinder nicht „dazu gebracht“ werden. Sie müssen es erfahren. Sie müssen erfahren, dass sie von Menschen umgeben sind, die sie respektieren, ihre Pläne wahrnehmen, ernst nehmen und gut abwägen, welcher Plan zu wessen Gunsten und warum aufgegeben werden muss, damit keine Kollision stattfindet.

Wir müssen es ihnen vormachen.

Von uns lernen sie Respekt. Von uns lernen sie, einen Plan zu ändern, zu Gunsten von einem anderen Menschen. Und wer wäre es mehr wert, dass wir unsere Pläne ändern, als unsere eigenen Kinder?
Ich werde öfters gefragt, warum meine Kinder so gut „gehorchen“. Ich habe lange Zeit gedacht, dass sie so gut „folgen“, weil ich so streng bin. Das ist aber Bullshit! Und außerdem echt nicht erstrebenswert, denn was bringen wir damit hervor? Gut dressierte Hündchen?

Die Antwort ist ganz anders: Es fiel mir von Anfang an sehr leicht, meine eigenen Pläne aufzugeben. Nicht immer. Nicht jedes Mal. Denn das ist sau schwer! Wenn ich es so oft am Tag machen müsste, wie meine Kinder manchmal, dann wäre ich echt sauer!
Aber ich fühlte mich von meinen Kindern nicht so sehr eingeengt und beraubt, sondern eher befreit und bereichert. Das lag mit an meiner Umgebung: wir hatten fast nur noch Freunde, die schon Kinder hatten insofern sind z. B. meine wichtigsten sozialen Kontakte sehr viel dichter und näher geworden durch die Geburt meiner Kinder.
Folglich habe ich ihnen gut vorleben können, dass ich auf ihre Bedürfnisse eingehe und sie ernst nehme. Gleichzeitig habe ich gar nicht so viel von mir hergeben müssen wie andere Mütter. Zumindest kein grundsätzliches Glück.

Doch natürlich musste ich auch Pläne aufgeben, die ich mir für den Tag vorgenommen hatte, weil mein Kind krank war. Oder jammernd an meinem Bein hing. Ich konnte Arbeiten nicht fertig machen und Nächte nicht durchschlafen. Manchmal ist es auch einfach einsam und langweilig, ein zahnendes Kind zu wiegen und zu schunkeln. Und trotzdem tust du es. Für dein Kind.

Das heisst: der Erwachsene (und die anderen Familiemitglieder) leben vor, wie es ist, die Bedürfnisse und Wünsche andere Menschen, seiner Kinder zu respektieren und ernst zu nehmen. Er zeigt, dass er Pläne zu Gunsten von Bedürfnissen anderer aufgeben kann.

 

Und genau von diesem Vor-Leben kommt das Nach-Machen unserer Kinder.
So „Lehren wir sie Respekt“. So „Zeigen wir ihnen, etwas für einen anderen zu tun oder zu lassen“ Und nicht anders.

Das braucht viel mehr von uns. Es braucht Geduld und Zeit. Es braucht unsere Werte und Ideale. Es braucht unsere Einzigartigkeit als Mütter und Väter, unsere einzigartige Verbindung zu unseren Kindern. Es braucht Kraft und einen langen Atem. Aber wir müssen andererseits nichts tun „… was uns mehr weh tut, als ihnen..“

Hier gibts übrigens auch ganz tolle Blogs zum Thema:
gewuenschtestes-wunschkind.de
elternmorphose.de von Aida S. de Roriguez

Und jetzt seid ihr gefragt. Wie seht ihr das? Habt ihr eure Kinder schon mal beim „gehorchen“ beobachtet? Könnt ihr euch vorstellen, dass ihr die Kompromissbereitschaft eurer Kinder vielleicht übersehen habt?

 

 

Bildnachweis: Susanne Bregenzer und Familie

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